Die ständige Zunahme von allergischen Erkrankungen (Atopien) wie allergischem Schnupfen, Neurodermitis und Asthma bronchiale führte zu einer großen Anzahl von wissenschaftlichen Untersuchungen nach den Ursachen. Diese sind multifaktoriell, d.h. es gibt eine Vielzahl von Ursachen und eine Wechselwirkung zwischen ihnen. Natürlich ist ein Aspekt die Vererbung, so haben Kinder von allergischen Eltern oder mit allergischen Geschwistern ein deutlich erhöhtes Risiko ebenfalls allergisch zu reagieren. Die Vererbung können – und wollen – wir nicht beeinflussen, aber um die Gefahr von vermeidbaren Umweltfaktoren möchte ich Sie hinweisen. In die Leitlinien zur Allergieprävention, die diesem Artikel zugrunde liegt, sind weit über 217 Studien eingeflossen. Die folgenden Faktoren beeinflussen das Risiko für eine Allergieentstehung und sollten deshalb insbesondere bei Risikokindern aus einer Allergikerfamilie Berücksichtigung finden.

Mütterliche Ernährung in der Schwangerschaft und Stillzeit

Die Ernährung soll ausgewogen und nährstoffdeckend sein, potente Nahrungsmittelallergene brauchen nicht gemieden werden und Fisch hat einen protektiven Effekt auf die Entwicklung atopischer Erkrankungen beim Kind.

Stillen

Ausschließlichen Stillen über mindestens 4 Monate zur Prävention atopischer Erkrankungen.

Muttermilchersatznahrung bei Risikokindern

Wenn Stillen nicht oder nicht ausreichend möglich ist, ist die Gabe von partiell (HA) oder extensiv hydrolysierter(eHF, AAF) Säuglingsnahrung bei Risikokindern bis zum vollendeten 4. Lebensmonat zu empfehlen.
Soja-basierte Säuglingsnahrungen sind nicht zu empfehlen. Unabhängig davon werden Säuglingsanfangsnahrungen auf Sojabasis von ernährungswissenschaftlichen Gesellschaften aus teilweise gesundheitsbedenklichen Gründen abgelehnt (Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin etc.)
Es gibt derzeit keine Belege für eine allergiepräventive Wirkung anderer Tiermilchen, wie Ziegen-, Schafs- oder Stutenmilch, vor diesen Milchen wird in der Säuglingsernährung gewarnt.

Einführung von Beikost und Ernährung des Kindes im 1. Lebensjahr

Für einen präventiven Effekt durch eine Verzögerung der Beikosteinführung über den vollendeten 4. Lebensmonat hinaus gibt es keine gesicherten Belege.
Für einen präventiven Effekt einer diätetischen Restriktion durch Meidung potenter Nahrungsmittelallergene im ersten Lebensjahr gibt es keine Belege. Beides kann deshalb nicht empfohlen werden.
Es gibt Hinweise darauf, dass Fischkonsum des Kindes im 1. Lebensjahr einen protektiven Effekt auf die Entwicklung atopischer Erkrankungen hat.

Ernährung nach dem 1. Lebensjahr

Eine allgemeine Diät zur Allergieprävention kann nicht empfohlen werden.

Haustierhaltung

Die Auswirkungen der Haustierhaltung auf die Allergieentwicklung bei Risikokindern sind derzeit nicht  eindeutig abzuschätzen. Die Anschaffung von Felltieren als Präventionsmaßnahme ist nicht zu empfehlen.
Bei der Katzenhaltung überwiegen die Studien, die in 
der Haltung einen Risikofaktor sehen, deshalb sollte 
bei Risikokindern die Katzenhaltung vermieden werden.
Hundehaltung ist wahrscheinlich nicht mit einem höheren Allergierisiko verbunden.

Hausstaubmilben

Als Maßnahme der Primärprävention kann die Reduktion der Exposition gegenüber Hausstaubmilbenallergenen nicht empfohlen werden. Dies betrifft nicht Maßnahmen zur Sekundär- und Tertiärprävention, wenn bereits Erkrankungen bei dem Kind aufgetreten sind.

Schimmel und Feuchtigkeit

Ein Innenraumklima, das Schimmelpilzwachstum begünstigt (hohe Luftfeuchtigkeit, mangelnde Ventilation) sollte zur Allergieprävention vermieden werden.

Exposition gegenüber Tabakrauch

Aktive und passive Exposition gegenüber Tabakrauch erhöht das Allergierisiko (insbesondere das Asthmarisiko) und ist zu vermeiden. Dies gilt besonders während der Schwangerschaft. Man bedenke, dass auch beim Rauchen außerhalb der Wohnung genügend Schadstoffe in der Kleidung etc. der Eltern vorhanden sind, um das Risiko für Bronchitiden und Allergien zu erhöhen.

Impfungen

Es gibt Hinweise, dass Impfungen das Allergierisiko senken können. Es wird empfohlen, dass alle Kinder auch Risikokinder, nach den STIKO-Empfehlungen geimpft werden sollen.

Körpergewicht

Es gibt Belege, dass ein erhöhter Body Mass Index (BMI) insbesondere das Risiko für Asthma erhöht. Die Verhinderung von Übergewicht, insbesondere bei Kindern, wird auch aus Gründen der Allergieprävention empfohlen.

Innenraumluftschadstoffe

Es gibt Hinweise darauf, dass Innenraumluftschadstoffe das Risiko für atopische Erkrankungen und insbesondere Asthma erhöhen können (flüchtige organische Verbindungen, z.B. Formaldehyd, wie sie u.a. durch neue Möbel und bei Maler- und Renovierungsarbeiten freigesetzt werden können). Es wird empfohlen, die Exposition gegenüber Innenraumluftschadstoffen gering zu halten.

Kfz-Emission

Die Exposition gegenüber Stickoxiden und kleinen Partikeln (PM2,5) insbesondere durch das Wohnen an einer viel befahrenen Straße ist mit einem erhöhten Risiko, besonders für Asthma verbunden. Es wird empfohlen, die Exposition gegenüber Kraftfahrzeug bedingten Emissionen gering zu halten.

Einfluss von Probiotika

Der Einfluss von Probiotika auf die Allergieentwicklung ist widersprüchlich. Es gibt derzeit nur aus skandinavischen Studien und nur bezüglich der Entwicklung einer Neurodermitis Hinweise, dass die Gabe von Probiotika präventive Effekte hat. Daher kann keine generelle Empfehlung ausgesprochen werden.

Unspezifische Immunmodulation

Eine frühzeitige unspezifische Immunstimulation (z.B. das Aufwachsen auf einem Bauernhof, der Besuch 
einer Kindertagesstätte in den ersten 2 Lebensjahren, eine höhere Anzahl älterer Geschwister) kann vor der Entwicklung atopischer Erkrankungen schützen. Wurminfektionen, insb. Hakenwurminfektionen sind negativ mit Asthma assoziiert.